Urlaub in der Elternzeit: Das solltest du beachten

Elternzeit-Abenteuer
Warum du während deiner Elternzeit unbedingt auf Reisen gehen solltest

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ArtikeldatumVeröffentlicht am 15.10.2025
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Ein Vater steht mit seinem kleinen Kind auf dem Arm an einem Strand in der Karibik
Foto: Thorsten Dentges

Rund 70 Länder hat Thorsten Dentges, Redakteur bei der Zeitschrift "Motorrad", schon bereist - viele davon mit seinen drei Kindern. Seine schönsten und beeindruckendsten Trips kann man jetzt in einem Buch nachlesen: "Einfach machen - Reiseabenteuer und Roadtrips mit Kindern".

Von der ersten Idee bis zur Auswahl des passenden Reiseziels liefert er einen praktischen Leitfaden für junge Familien mit Fernweh. "Die Elternzeit ist fürs Reisen prädestiniert", sagt er. Im Interview mit Men's Health Dad gibt der Reise-Journalist einen ersten Einblick in sein neues Buch.

Warum plädierst du überhaupt für Reisen in der Elternzeit?


Die Elternzeit ist ein staatliches Angebot – mit finanzieller Unterstützung und Jobgarantie. Das kann man sehr unterschiedlich nutzen. Ich erlebe: Auf Reisen gelingt es vielen Vätern und Müttern leichter, sich wirklich auf ihr Kind einzulassen. Der Alltag zu Hause ist häufig von To-dos geprägt – von Renovieren bis Geschäftstermine. Unterwegs entsteht ein anderes Klima: Aufmerksamkeit, gemeinsame Routinen, viel Zeit draußen. Das stärkt Bindung. Elternzeitreisen sind nicht nur Lustgewinn, sondern ein intensiveres Kennenlernen des Kindes – nur ohne die übliche Alltagsablenkung.

Du unterscheidest zwischen Urlaub und Reise. Was heißt das für Eltern mit Baby?

Urlaub ist planbar, bequem und oft vorhersehbar – perfekt, wenn man einfach mal durchschnaufen will. Eine Reise lässt Ungewissheit zu: Begegnungen, Umwege, kleine Abenteuer. Mit kleinem Kind bedeutet das vor allem, das Tempo zu drosseln und Sicherheit bewusst einzuplanen, ohne alles zu übertrieben zu regeln. Unsere Erfahrung: Eine Pauschalwoche mit Pool kann nett sein, aber vielen fehlt nach kurzer Zeit das, was haften bleibt. Die Erinnerungen, die wirklich wie eintätowiert sind, entstehen meistens auf Reisen – in Situationen, die nicht perfekt sind, sich aber positiv auflösen.

Reise-Journalist Thorsten Dentges
Privat

Welches Transportmittel empfiehlst du für Elternzeit mit etwa 12 Monaten altem Kind?

Ganz klar vorn: Camper, Wohnmobil oder Wohnwagen. Das Kind hat dort ein konstantes Mini-Zuhause – gleiche Gerüche, gleiche Schlafumgebung, vertraute Dinge. Das senkt Reizüberflutung und erspart Stress durch Umzüge in immer neue Räumlichkeiten. Uns gefiel der Wohnwagen besonders: Man lässt ihn am Platz stehen und ist mit dem Auto flexibel, auch mal abseits der Hauptstraßen. Backpacking mit Kleinkind geht natürlich auch, ist aber eher etwas für Fortgeschrittene mit hoher Stresstoleranz. Wer schon beim Gedanken an improvisierte Quartiersuche nervös wird, sollte es lieber lassen.

Wie viel Planung ist sinnvoll – und wo beginnt Überplanung?

Redet früh und ausführlich miteinander: Erwartungen, Budget, Rollen, Komfortgrenzen. Ein paar Monate Vorlauf bei der Planung schaden nicht, konkret wird’s dann einige Wochen vorher. Mein wichtigster Rat: Radikal entschlacken. Ein Land statt drei, eine Region statt einmal um den Kontinent. Lasst Puffer für Flaute-Tage und Krankheit. Bucht nicht jede Nacht vor und bitte keine Restaurant-Reservations für Tag 14 um 19:30 Uhr – das nimmt Beweglichkeit und erzeugt Druck. Checklisten sind okay, solange sie kurz bleiben: Dokumente, Medizin, Schlafsetup, Sonnenschutz, Tragesystem/Kinderwagen – fertig.

Podcast-Tipp: Unser Experte war übrigens auch schon mal zu Gast in unserem Papa-Podcast, hier geht's zum Gespräch:

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Kritiker sagen: Elternzeit ist für den Alltag, nicht fürs Reisen. Was entgegnest du?

Unabhängig von Alltag, Beruf und Freizeit: Elternzeit sollte die Bindung zum Kind stärken. Und unter Umständen auch Raum für die berufliche Neu-Organisation – meist der Mutter - ermöglichen. Beides kann das Reisen fördern: Wer als Vater mit Kind reist, ist oft präsenter, aufmerksamer, entspannter – das Kind profitiert unmittelbar. Und provokant gesagt: Wenn zum Beispiel nur der Vater mit dem Nachwuchs unterwegs ist, hätte die Partnerin zu Hause auch mal ungestörten Fokus für den Wiedereinstieg. Ja, Elternzeit ist privilegiert; trotzdem bleibt es ein legitimes Angebot, das man sinnvoll nutzen kann. Entscheidend ist das Wie, nicht das Wo.

Wohin fährt man als Familie am besten und welches Land gilt als kinderfreundlich?

Kinderfreundlichkeit lässt sich weniger in ein Länder-Ranking pressen, es ist eher eine Haltung. Wer freundlich und gelassen auftritt, wird fast überall positiv aufgenommen. Als besonders warmherzig haben wir muslimisch geprägte Länder erlebt sowie Lateinamerika – dort ist Familie sichtbar Teil des öffentlichen Lebens. Europa hat großartige, unkomplizierte Ziele: Sardinien außerhalb der Hochsaison ist eine Traumkulisse mit leereren Stränden. Bei Fernzielen achtet auf Klima, medizinische Versorgung, Wegezeiten! Unterwegs mit Camper-Mobil zählt eher Infrastruktur als Sehenswürdigkeiten-Dichte: sichere Stellplätze, kurze Etappen, Spielflächen, Wasser.

Was sind deine drei prägende Erfahrungen – und was können andere Eltern daraus mitnehmen?

Fantastisch war zum Beispiel Borneo mit meinem Sohn: Ein knochenharter Dschungelmarsch zu Ureinwohnern in einem Pfahlbauten-Dorf, mit einfachem Essen, Blutegeln und vielen Lachern unterwegs. Nichts war komfortabel, aber tief verbindend. Meine Lehre aus diesem Trip: Kinder wachsen an echten Aufgaben, wenn wir sie ernst nehmen. Ewig in Erinnerung wird mir auch Westaustralien mit meiner Tochter bleiben: Wir haben nachts im Auto ungeplant in der Wüste übernachten müssen und ohne Decken gefroren, der Sonnenaufgang am Morgen hat uns wahrlich gerettet. Die Lehre daraus: Fehler passieren. Ruhe bewahren, gemeinsam lösen – daraus werden Lieblingsgeschichten. Und dann war da noch Marokko mit meiner Jüngsten: Es war Ende Ramadan, wir waren in einem Restaurant, nur Männer, eher finstere Gestalten, zunächst herrschte reservierte Stimmung, dann aber - nachdem endlich aufgetischt wurde - große Herzlichkeit. Das Kind wurde schließlich von den offensichtlich nun nicht mehr unterzuckerten Männern lachend herumgetragen. Meine Lehre: Vorurteile verlieren ihre Kraft, wenn man Menschen begegnet.